m Kreise der altehrwürdigen Logen in Deutschland zählt sie eher zu den „Nesthäkchen“, und doch blickt man in Dortmund mit Stolz auf die Gründung der Loge Zur alten Linde am 8. September 1855 zurück – immerhin ist sie nach Casino und Faßverein der drittälteste Verein auf Dortmunder Stadtgebiet.
Wenn man sich die Situation der Stadt vor 150 Jahren vor Augen führt, wird deutlich, warum. 1850 hatte Dortmund etwa 10.000 Einwohner, befand sich auf dem Weg vom verschlafenen, bedeutungslosen Provinznest zur Industriestadt. 1858, acht Jahre später, hatte sich die Einwohnerzahl bereits verdoppelt. Viele der Firmen im Umfeld des Bergbaus waren gegründet, 1854 der erste Hochofen angeblasen worden. In diese Zeit des Aufbruchs fiel die Gründung der Loge Zur alten Linde – mit einer Scheune als erstem Logenhaus.
Im Umfeld hatten sich durchaus schon deutlich vorher Logen gegründet – 1778 in Münster, 1785 in Bochum, 1791 in Hamm, 1792 in Schwelm, 1796 in Iserlohn, 1808 in Soest, 1842 in Lippstadt, und Dortmund hatte schon im beginnenden 19. Jahrhundert Bürger, die auch Freimaurer waren. 36 von ihnen gründeten 1855 die Loge Zur alten Linde, die ihren Namen der weit über die Grenzen Dortmunds hinaus bekannten Femlinde vor den Nordtoren der Stadt verdankte.
Rasch entwickelte sich die „Alte Linde“, wie sie liebevoll genannt wird und wie ihr auch ein 1855 geschriebenes Lied gewidmet ist, zu einem bedeutenden Faktor im aufstrebenden Dortmund.
Der Dortmunder Redakteur Karlchen Richter, der 1890 mit dem „Dortmunder General-Anzeiger“ die damals größte deutsche Tageszeitung außerhalb Berlins mit begründete, kommentierte als „Dortmunder Agent“ mit spitzer Feder die Kommunalpolitik. Von ihm stammt der Satz:
Lied der alten Linde
Text: Br. Köppen (erster Meister vom Stuhl),
Melodie: Ännchen von Tharau
Allwo ich gehe und wo ich auch sei
bleibt uns’rer Linde mein Herz doch getreu.
Heißt sie auch „Alte“, im traulichen Kreis
glüht’s ihr im Busen doch jugendlich heiß.
Und wer ihr tief hat ins Auge geschaut,
auf ihre Liebe sein Erdenglück baut.
Wo ich auch weile in schimmerndem Kreis,
Geb‘ ich doch stets meiner Linde den Preis.
Öffnet sich mir ihre gastliche Tür,
Fühl‘ ich mich nirgends so wohl wie bei ihr.
Freudiger atmet dort auf meine Brust,
Lauter und rein fließt der Quell meiner Lust.
Wenn auch ein Irrstern mit trügendem Licht
Lockend die Bahn meines Lebens umfliegt,
Wenn stilles Weh meine Seele beschleicht,
Sich eine stürmische Woge mir zeigt;
Lenk‘ ich mein schwankendes Schifflein zum Port,
Oh, meine Linde, dann bist du mein Hort.
Wenn nun dereinst mir das Herz
nicht mehr schlägt,
müde und matt ich zur Ruh‘ mich gelegt,
zur „dunklen Kammer“ das sonnige Licht
nimmer mehr wieder sich Bahn zu mir bricht,
tönt mir vom Laubdach der Linde herab
noch eine Stimme der Liebe ins Grab.
„Wahlen zu politischen Parteien gab’s damals noch nicht. … Wie der Volksmund sagte, wurden die Kandidaten im Kasino, in der Loge oder in den Weinwirtschaften von Pflueg, Stade und Luig bestimmt.“
Ein deutlicher Beleg dafür, dass sich Stadtgeschichte und Logengeschichte damals nur schwer trennen ließen, und die Zahl namhafter Dortmunder Bürger, die in der „Alten Linde“ Mitglieder waren, ist lang, 12 Straßen und ein Platz sind in Dortmund nach Brüdern der „Alten Linde“ benannt.
In den „Goldenen Zwanzigern“ wuchs die Loge zur stattlichen Größe von 450 Mitgliedern, sie musste sich aber, wie überall in Deutschland, 1935 unter dem Druck des Naziregimes auflösen.
Nach dem Krieg und der Wiedereröffnung 1947 wurde die ursprünglich als Tochterloge der „Großen National-Mutterloge Zu den drei Weltkugeln“ (3WK) gegründete Loge Mitglied der Großloge AFuAM, gab das 3WK-Ritual aber erst in den 70er Jahren auf. Die „Alte Linde“ hat sich sehr aktiv in die Großloge(n) mit eingebracht – Brüder wie Otto Trawny als Großmeister, Dieter Schaumann als Distriktsmeister, Axel Pohlmann als Großmeister – beide auch im Senat der VGL -, Rolf Höhler im Obersten Rat des AASR und Obersten Ehrengericht der VGLvD und viele Brüder mehr haben Zeit und Energie in die Entwicklung der deutschen Freimaurerei gesteckt.
